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12.02.2019

Gedanken zum 12. Februar

Der 12.Februar….. Februarkämpfe….. Republikkämpfer…..

Ein Datum und Begriffe, für die meisten von uns nur mehr vage Erinnerung. Auch das meist nur aus Erzählungen oder Interesse an der jüngeren Geschichte unseres Landes. Zeitzeugen und Betroffene, die den 12. Februar miterlebt haben, gibt es kaum mehr, nach 75 Jahren leben nur noch wenige von ihnen. Um welches Datum handelt es sich überhaupt, in welchem Jahr gewann dieser 12. Februar seine Bedeutung und was ist damals passiert?

In den Morgenstunden des 12.Februar 1934 kam es in Linz im Parteiheim der Sozialdemokraten, im „Hotel Schiff“ zu Kampfhandlungen zwischen dem Republikanischen Schutzbund und der Heimwehr.  Diese Auseinandersetzungen griffen rasch auf das ganze Land über und weiteten sich bald zum Bürgerkrieg aus.

Vor allem in Wien, aber auch in den Industriestädten Niederösterreichs, der Steiermark, selbst in Tirol kam es in den folgenden Tagen zu schweren Kämpfen zwischen dem sozialdemokratischen Schutzbund einerseits und der Polizei, sowie der austrofaschistischen Heimwehr und dem Bundesheer andererseits. Insbesondere der Innenminister und Heimwehrführer Emil Fey ließ mit besonderer Härte gegen die Arbeiterschaft und ihre Führung vorgehen.

Zentrum und Symbol des Wiederstandes waren einige Wiener Gemeindebauten, so der Karl-Marx-Hof, der Sandleitenhof, der Schlingerhof in Floridsdorf und der Reumannhof. Die Artillerie des Bundesheeres wurde gegen Wohnhausanlagen in den Arbeiterbezirken eingesetzt und der Widerstand der Arbeiterschaft rasch gebrochen. Die kaum an Waffen ausgebildeten und schlecht vernetzten Schutzbündler hatten der geballten Übermacht von Polizei, Bundesheer und der austrofaschistischen bürgerlichen Heimwehr wenig entgegenzusetzen. Am 14. Februar ergaben sich in Floridsdorf die letzten Kämpfer.

Fast 200 Tote und mehr als 300 Verwundete auf Seiten des Republikanischen Schutzbundes, 128 Tote und 409 Verwundete bei der Polizei, insgesamt aber mehr als 1600 Tote und Verletzte vor allem auch in der Bevölkerung, waren die schreckliche Bilanz dieser Tage.

In der Folge wurden zahllose Verhaftungen durchgeführt, die Regierung Dollfuß führte die Todesstrafe und das Standrecht ein. Neun Schutzbündler wurden hingerichtet, darunter mehrere prominente Arbeiterführer und Politiker, wie der Gemeinderat von Bruck/Mur und Nationalrat Koloman Wallisch. Besondere Abscheu erregte dabei, dass ein schwer Verwundeter, Karl Münichreiter, auf der Tragbahre zum Galgen geschleppt wurde.

Wie war es zu dieser schrecklichen Entwicklung gekommen?

Die Ursachen lagen schon Jahre zurück, bereits im Jahre 1927. Paramilitärische Vereine mit ihren Uniformen prägten das Bild im öffentlichen Leben, die politischen Parteien waren organisiert und bewaffnet, etwas, das sich heute kaum jemand mehr vorstellen kann.

Im burgenländischen Schattendorf war es dann bei einem Aufmarsch der Sozialdemokraten und anschließenden Zusammenstößen mit kaisertreuen Frontkämpfern zu Schüssen gekommen. Ein Frontkämpfer hatte aus einem Gasthaus das Feuer auf die Versammlung eröffnet, dabei wurden zwei Menschen getötet, ein Kriegsinvalide und ein achtjähriger Bub. Mehrere Personen wurden verletzt. Der oder die Täter wurden später in einem Gerichtsverfahren, das als das „Schandurteil von Schattendorf“ in die Geschichte eingegangen war, freigesprochen.

 Die Empörung nach diesem Urteil war so groß, dass es in weiterer Folge im ganzen Land zu schweren Demonstrationen und Ausschreitungen kam, die auch von der Sozialdemokratischen Parteiführung nicht mehr kontrolliert werden konnten. Die aufgebrachte Menge drang in den Justizpalast ein und setzte diesen in Brand. Darauf gab der Polizeipräsident Schober Schießbefehl, es kam zu schweren Kämpfen.

Die Bilanz waren 89 Tote und mehr als tausend Verwundete. Zwischen den Politischen Lagern war es endgültig zum Bruch, zur Polarisierung gekommen.

Im März 1933 kam es dann zur sogenannten Selbstausschaltung des Parlamentes durch den Rücktritt der Vorsitzenden. Der christlichsoziale Bundeskanzler Dollfuß nützte dies, die Demokratie war abgeschafft. Die Abgeordneten wurden vor der nächsten Sitzung von der Polizei am Betreten des Parlamentes gehindert. Dollfuß regierte mit dem Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz von 1917, das man nie außer Kraft gesetzt hatte, ohne Parlament diktatorisch. Erste Anhaltelager für politisch Andersdenkende wurden errichtet, die Diktatur des Austrofaschismus hatte begonnen.

Mit der systematischen Entmachtung der Sozialdemokratie war aber auch die wichtigste politische Kraft im Kampf gegen die herannahende Gefahr des Hitlerfaschismus entmachtet und ausgeschaltet worden. Der Weg zum Untergang unseres Landes war bereitet. Der Rest ist Geschichte.

Wozu nach 75 Jahren an diese schicksalsschweren Februartage erinnern? Um Gräben und alte Wunden aufzureißen?

Sicher nicht! Die schrecklichen Ereignisse dieser Jahre und der folgende Zweite Weltkrieg haben bei den Verantwortlichen ein Umdenken bewirkt, heute wissen die maßgeblichen Vertreter der politischen Parteien, dass Probleme niemals mit Gewalt gelöst werden können, dass nur durch Arbeit und ernsthaftes Bemühen - aber auch Achtung und Respekt vor dem Anderen -  die Herausforderungen des Alltags und der Zukunft bewältigt werden können.

Aber niemals darf es ein Vergessen der Ereignisse von damals geben, niemals darf die Geschichte unseres Landes im Sumpf des Vergessens verkommen. Nur wer sich seiner Vergangenheit stellt und diese verarbeitet hat, nur wer auch vor dem politischen Gegner und seiner Meinung Respekt hat, kann in Ruhe und Frieden leben, kann guten Gewissens auch die Gegenwart bewältigen.

Historisches Material dazu aus dem Archiv „ROT BEWEGT“

https://rotbewegt.at/epoche/1933-1945/artikel/12-februar-1934-burgerkrieg-in-osterreich