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21.09.2022

Ärztesituation im Bezirk Korneuburg

Landarztgarantie der ÖVP gescheitert

Im Bezirk Korneuburg fehlen Haus- und Fachärzte mit Kassenvertrag. „Dass mehr Ärzte benötigt werden, liegt daran, dass der Bezirk immer weiter wächst – alleine in den letzten 40 Jahren um 30.000 EinwohnerInnen, auf 91.982. Auch die Lebenserwartung steigt und damit der Anteil älterer und kranker Menschen“, erklärt Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig, die einen Überblick über die ärztliche Versorgung im Bezirk Korneuburg gibt. Jeweils 2.300 EinwohnerInnen kommen auf eine/n AllgemeinmedizinerIn mit Kassenvertrag. Auf FachärztInnen mit Kassenvertrag kommen im Bereich Innere Medizin 11.498 BürgerInnen, in der Kinder- und Jugendheilkunde 2.629 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre, in der Urologie 5.754 Männer, älter als 60 Jahre, in der Gynäkologie 15.554 Frauen und bei Lungenerkrankungen 91.982 potentielle PatientInnen.


„Die Landeshauptfrau hat vor vier Jahren den NiederösterreicherInnen die Garantie dafür gegeben, dass auch in Zukunft alle Landarztpraxen besetzt sind, um die Menschen wohnortnah und kompetent zu versorgen“, erinnert Königsberger-Ludwig: „Die Realität ist leider eine andere, auch wenn es derzeit im Bezirk Korneuburg 40 AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag gibt. Die wachsende Bevölkerungszahl, die kommende Pensionierungswelle bei den Hausärzten und der fehlende Ausbildungsschub werden es notwendig machen, dass die Kassenstellen bei den AllgemeinmedizinerInnen aufgestockt werden.“ Die Gesundheitsagenden im Land NÖ sind – auf Wunsch der ÖVP – auf vier Landesregierungsmitglieder aufgeteilt. Der niedergelassene Bereich liegt dabei nicht in der Verantwortung von Königsberger-Ludwig. Dennoch würden ihr immer wieder ÄrztInnen von ihren Sorgen und Herausforderungen berichten. Dadurch dass es zu wenige Ärzte mit Kassenvertrag gibt, müsse, meint Königsberger-Ludwig „verstärktes Augenmerk auf die Arbeitsbelastung der MedizinerInnen und auf die Bedürfnisse der PatientInnen gelegt werden.“


Die SPÖ NÖ arbeitet an Lösungen, die sie – so wie das KinderPROgramm und das PflegePROgramm – mit allen politischen Fraktionen diskutieren wird, um das bestmögliche Angebot für die PatientInnen herauszuholen. Wir alle brauchen die Sicherheit, dass sowohl für Vorsorge- und Routineuntersuchungen als auch für Notfälle ärztliche Versorgung gewährleistet ist!“ Dazu gehören etwa die Wiedereinführung des Gemeindearztes, Verbesserung des Facharztangebots durch beispielsweise PVZ, Gruppenpraxen oder Anstellung von ÄrztInnen in bestehenden Praxen, im Rahmen der medizinischen Ausbildung könnten Studienplätze für Niederösterreich reserviert werden.


Zwt.: Peterl will Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zuteil wird

„Viele ÄrztInnen sind an ihrem Limit angekommen. Sie würden gerne neue PatientInnen aufnehmen, können aber nicht, weil es keine Kapazitäten mehr gibt“, weiß der Vorsitzende der SPÖ im Bezirk Korneuburg Martin Peterl: „Es zeigt sich, dass die Landarztgarantie der ÖVP wertlos ist.“ Inzwischen seien die Gemeinden die einzigen, die sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die hausärztliche Versorgung gesichert ist. In Stockerau etwa werde seit 1.1.2021 ein/e AllgemeinmedizinerIn gesucht. Ebenfalls in Stockerau ist seit 1.10.2021 eine Kassen-Hautarztstelle unbesetzt und seit 1.7.2022 auch eine Hals-Nasen-Ohrenarzt-Kassenstelle in Korneuburg ausgeschrieben. „Nicht die Zuständigen im Bund, Land NÖ und der österreichischen Gesundheitskassa sind diejenigen, die für Ersatz kämpfen, wenn jemand in Pension geht“, weiß Peterl: „Es sind die GemeindevertreterInnen, denen die medizinische Sicherheit ihrer BürgerInnen am Herzen liegt. Weil eine gute medizinische Versorgung zur Lebensqualität dazu gehört.“


Vor allem die Verantwortlichen des Landes NÖ – zuvorderst Landeshauptfrau Mikl-Leitner - die vollmundig Garantien aussprechen, seien gefordert für die notwendigen Besetzungen der Stellen zu sorgen, verlangt Peterl Initiative: „Wenn für 91.982 KorneuburgerInnen genau 1 Lungen-Facharzt mit Kassenvertrag zur Verfügung steht - und das in einer Pandemie-Situation, mit Auswirkung auf dieses Organ - spricht das ohnehin Bände.“ Auch in einem besonders heiklen Bereich der Vorsorge ortet Peterl Engpässe, die auch etwa auf die vorhandenen FrauenärztInnen, KinderärztInnen, etc. umgelegt werden könnten: „Wir haben im Bezirk Korneuburg genau zwei Urologen mit Kassenvertrag. Das sagt der Menschenverstand, dass sich das nicht ausgehen kann und dass die Korneuburger entweder gezwungen sind zu einem Wahlarzt auszuweichen und zu zahlen - oder dass sie erst gar nicht hingehen. Damit riskieren sie behandelbare Erkrankungen nicht rechtzeitig zu erkennen. Beides wollen wir nicht. Beides kann nicht im Sinne handelnder Politik sein und ist in jedem Fall nicht im Sinne der Sozialdemokratie. Wer Steuern zahlt, soll dann auch auf die Leistungen des Staates zugreifen können. Und dazu gehört ein Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zu Teil wird.“


Rechenbeispiel 1 - Urologe:


Im Bezirk gibt es 2 Urologen. Wenn man nur die Männer über 60 Jahre heranzieht, so kommen auf einen Urologen 5.754 Patienten über 60. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 15 Männer untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus, wären das etwa 23 Männer täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60, für die ebenso die Empfehlung ausgesprochen ist einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen.


Rechenbeispiel 2 – FrauenärztInnen:


Im Bezirk gibt es genau 3 FrauenärztInnen mit Kassenvertrag. Wenn wir jetzt nur die Frauen über 60 Jahre heranziehen, so kommen auf eine/n FrauenärztIn 4.476 Patientinnen über 60. Empfohlen ist ab 45 Jahren einmal im Jahr eine Mammografie zu absolvieren. Hätten die beiden FrauenärztInnen 365 Tage im Jahr geöffnet, müssten sie täglich knapp 12 Frauen über 60 untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus wären etwa 18 Frauen über 60 täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60.



EinwohnerInnen des Bezirks Korneuburg (Quelle: www.noel.gv.at):


Gesamt: 91.982 (45.321 Männer; 46.661 Frauen)

Unter 15: 13.146 (6.787 m; 6.359 w)

15 – 60 Jahre: 53.901 (27.026 m; 26.875 w)

60 Jahre und älter: 24.935 (11.508 m; 13.427 w)


ÄrztInnen der wichtigsten Fachrichtungen im Bezirk Korneuburg (Quelle: www.arztnoe.at):


Allgemeinmedizin: 40 mit Kassenvertrag; 39 ohne Kassenvertrag (+ 16 Vorsorge-ÄrztInnen)

Innere Medizin: 8 mit Kassenvertrag; 3 ohne Kassenvertrag (+ 7 Vorsorge-ÄrztInnen)

Augenheilkunde und Optometrie: 4 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag

Radiologie: 4 mit Kassenvertrag; 2 ohne Kassenvertrag

Kinder- und Jugendheilkunde: 5 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag

Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 3 mit Kassenvertrag; 12 ohne Kassenvertrag (+ 2 Vorsorge-ÄrztInnen)

HNO: 1 mit Kassenvertrag; 5 ohne Kassenvertrag

Neurologie: 0 mit Kassenvertrag; 5 ohne Kassenvertrag

Lungenkrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 2 ohne Kassenvertrag

Haut- und Geschlechtskrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 10 ohne Kassenvertrag

Urologie: 2 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag